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05.05.2016
Throwback Thursday - Ryan Gomes ist "back on the road"

Die heutige Ausgabe der Offseason-Rubrik ‚Throwback Thursday‘ handelt von Ryan Gomes.

Ryan Gomes spielte während der Saison 2012/2013 im Dragons-Trikot. (Foto: Rolf Kamper)

Am 22. Dezember 2012 sorgten die Artland Dragons auf dem Transfermarkt für einen brachialen Paukenschlag – nicht nur im Artland, nicht nur in der Beko Basketball-Bundesliga. Auch der internationale Basketball nahm von einem besonderen Transfer in der Burgmannsstadt Notiz. „Die Dragons holen Gomes aus der NBA“, titelte die Dragons-Homepage damals. Hinter dem Namen Gomes verbarg sich nicht irgendein Neuzugang – kein Neuzugang wie beispielsweise die drei anderen Spieler, die die Drachen in derselben Saison zuvor für die Power-Forward-Position rekrutierten. Ryan Gomes kam mit der Erfahrung von 482 NBA-Spielen im Gepäck nach Quakenbrück. Vorzuweisen hatte er außerdem einen zweistelligen Punkteschnitt während seiner Zeit in der besten Basketballliga der Welt (10,1 Punkte pro Spiel für Boston, Minnesota und die Los Angeles Clippers). „Man kommt ja nicht einfach so auf jemanden, der an die 500 Spiele in der NBA absolviert hat, und sagt: ‚Hey, den nehmen wir.‘ Der Spieler wurde uns schon einige Zeit vor der Verpflichtung angeboten. Als mir bei der ersten Nachfrage seine Gehaltsvorstellungen genannt wurden, musste ich laut lachen“, erinnert sich Stefan Koch an ein für die Drachen nicht stemmbares Salär. „Wenige Monate später wurde uns Ryan Gomes erneut von seiner Agentur angeboten – dann zu einem Preis, der immer noch üppig, aber schon machbar war.“ Koch führt zudem eine kuriose Geschichte im Vertragspoker um Gomes an: „Ich hatte zur damaligen Zeit einen guten Freund, der ein sehr gutes Euroleague-Team coachte. Nachdem Ryan bei uns unterschrieben hatte, fragte mich der Kollege, für welchen Preis wir ihn bekommen haben. Der sagte mir dann, dass der Spieler ihm für ein Vielfaches der Summe, die wir für ihn zahlten, angeboten wurde.“ Dennoch landete Ryan Gomes letztlich im Artland. Durch bestimmte Vertragsmodalitäten mit seinem ehemaligen NBA-Klub, den Los Angeles Clippers, erhielt Gomes in jener Saison aus der NBA noch eine stattliche Summe im siebenstelligen Bereich.

Was zum Zeitpunkt der Verkündung des Transfers als ein echter Coup erschien, wurde allerdings nie zu einer glücklichen Liaison. Bereits nach acht Bundesliga-Einsätzen und zwei Auftritten im Eurocup trennten sich die Drachen Mitte Januar wieder von Gomes. Seine statistischen Werte fielen bei seinem Kurzengagement zwar noch durchaus respektabel aus (in der Beko BBL: 12,8 Punkte, 5,9 Rebounds, 1,8 Assists). Während seiner Verweildauer im Team verloren die Dragons jedoch sieben ihrer zehn Pflichtspiele und das Team drohte im Playoff-Rennen an Boden zu verlieren. Bei den Niederlagen stach Gomes mit seiner Körpersprache und seiner Wurfauswahl nicht als derjenige heraus, der das Ruder unbedingt umreißen wollte. So bilanzierte Stefan Koch die Zusammenarbeit im Zuge des Abgangs von Gomes folgendermaßen: „Wir mussten uns eingestehen, dass es mit Ryan nicht gepasst hat.“ (Wortlaut aus der Pressemitteilung vom 24. Januar 2013)

Mehr als drei Jahre später schaut Koch zurück auf den Transfercoup, der sich recht schnell als großes Missverständnis herauskristallisierte: „Er war damals zu dem Zeitpunkt und in dem Alter für die NBA eher ein unterdurchschnittlicher Athlet, für die Beko BBL war er jedoch immer noch ein überdurchschnittlicher Athlet. Er hätte seine Gegenspieler oft einfach überspielen können.“ Anstelle von Dominanz bot Gomes zumeist Spiele, in denen er sehr viele Würfe gen Korb abfeuern musste, um auf eine passable Punkteausbeute zu kommen. Lediglich bei einem seiner zehn Einsätze versenkte er mindestens die Hälfte seiner Wurfversuche aus dem Feld. „Ryan hat in der Beko BBL gespielt wie in der NBA“, erklärt Stefan Koch. „Er hat sich unten in Position gebracht, dann ständig mit Körpertäuschungen gearbeitet und teilweise sehr schwierige Aktionen gestartet. In der NBA standen ihm regelmäßig Spieler mit um die 2,11 Meter Gardemaß gegenüber. Wenn er gegen diese Spieler eine Täuschung angebracht hat, sind die bis an die Hallendecke gesprungen. In der BBL hingegen hätte er seine Gegenspieler einfach überspielen können.“ Von Mängeln im zwischenmenschlichen Bereich beim Ex-NBA-Veteran kann der ehemalige Drachen-Coach aber nicht berichten: „Ryan war so etwas, was der Amerikaner als Middle-of-the-road-Charakter bezeichnen würde. Er war sicherlich nicht überragend in der Mannschaft integriert, aber es gab auch keine Probleme mit ihm.“ Auch Gomes‘ Fitnesszustand möchte Koch nicht allzu harsch kritisieren: „Sein physischer Zustand war alles andere als optimal. Er hatte sich zuvor durchaus zu Hause fitgehalten, aber so etwas ist immer problematisch, wenn der geordnete Trainingsrhythmus nicht vorgegeben ist. Deshalb hatten wir schon gewusst, worauf wir uns einlassen.“

Doch was erhofften sich die Drachen eigentlich von ihrem Transfercoup? „Wir hatten zuvor drei verschiedene Kandidaten für die Power-Forward-Position, mit denen wir nicht zu hundert Prozent zufrieden waren. Dennis Horner hat überzeugt, aber zu dem Zeitpunkt brauchten wir jemanden, der uns in allen Bereichen etwas geben kann“, erläutert Koch das Anforderungsprofil, das für Ryan Gomes maßgeschneidert sein sollte. Nach einem vielversprechenden Start mit 19 Punkten und 12 Rebounds in seinem ersten Beko-BBL-Spiel in Weißenfels ergriff Gomes zwar weiterhin zusehends die Initiative, zu einem Rhythmus fand er jedoch nie. Durch eine Vielzahl von komplizierten Wurfversuchen in Bedrängnis und schlechte Quoten störte er den Rhythmus des Teams eher.

Nach seinem Abgang aus der Burgmannsstadt folgten für Ryan Gomes vorerst weitere glücklose Engagements. Bei seiner Rückkehr in die NBA spielte er im Kader der Oklahoma City Thunder in der Saison 2013/2014 nahezu keine Rolle. Nach einem Trade, in dem er in einer Nebenrolle involviert war, entließ ihn sein Ex-Team, die Boston Celtics, im Januar 2014. Im Sommer 2014 startete Gomes einen weiteren Anlauf auf seinen Durchbruch in Europa. Beim spanischen Topteam Laboral Kutxa avancierte der inzwischen 33-Jährige zwar in der Preseason sogar des Öfteren zu einem der Topscorer, aber auch dort schlug sich Gomes‘ Spielweise negativ in der Entwicklung der Basken nieder. Seine Einsatzzeit sank in Richtung Saisonstark rasant. Erneut blieb es bei einem kurzen Intermezzo. Ende Oktober 2014 war Gomes wieder vereinslos. Der zu jenem Zeitpunkt 32-Jährige hätte seine Karriere damals womöglich beenden können. Schließlich hatte sich der US-Amerikaner mit kapverdischen Wurzeln wenig zu beweisen angesichts von fast 500 Spielen in der besten Liga der Welt, der einstigen Rolle als Co-Kapitän bei den Minnesota Timberwolves und der Erfahrung, mit Topstars wie Paul Pierce, Chris Paul oder Blake Griffin zusammengespielt zu haben. Nebenbei blickte Gomes abseits des Parketts über den Tellerrand hinaus. Auch als Unterstützer des karitativen Projekts ‚Hoops for Heart Health‘ machte er sich einen Namen. Wenn ein Routinier mit seiner Vita und seinen Verdiensten dann im Alter von 32 Jahren weder in der NBA noch im europäischen Spitzenbasketball noch Obdach findet, lautet der Ausweg häufig ‚Karriereende‘. So aber lautete Ryan Gomes‘ Rechnung nicht.

Monatelang absolvierte der Familienvater ein spezielles Trainingsprogramm, mit dessen Hilfe er elf Kilogramm überschüssige Masse abnehmen konnte. In einem Trainingsvideo vom Dezember 2014 erzählte er: „Wenn ich nicht in die NBA oder in den professionellen Basketball zurückkehren kann, möchte ich immerhin von mir behaupten können, ein gesunder Sportler und Mensch zu sein.“ Die harte Arbeit zahlte sich aus. Für ein geringes fünfstelliges Jahressalär unterschrieb Gomes im Januar 2016 bei den Los Angeles D-Fender in der NBA Development League, der NBA-Kooperationsliga – und dominierte. Nach zwei Spielen Anlaufzeit etablierte sich Gomes rasch zum absoluten Leader seines Teams. Der Power Forward führte die D-fenders, Farmteam der Los Angeles Lakers, in den Playoffs mit erzielten 20,1 Punkten und 8,4 Rebounds pro Partie zur Vizemeisterschaft und wurde am Saisonende zum „Impact Player of the Year“ (zu deutsch: beste Nachverpflichtung der Saison) ausgezeichnet. Eine Rückkehr in die NBA hat Gomes immer noch nicht aus den Augen verloren.
Vor allem spricht aus ihm jedoch Demut und Stolz. Stolz auf seinen Weg, der ihn ‚back to the road‘ brachte – zurück ins Scheinwerferlicht im professionellen Basketball. Gomes: „Wenn es mit der NBA nicht funktioniert, kann ich immerhin von mir behaupten, dass auf dem für meinen Karrierezeitpunkt bestmöglichen Level noch gespielt habe.“ (Youtube-Kanal D-League 2016)

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